Dank des jährlich erscheinenden, voll lizenzierten Videospiels des italienischen Rennspielentwicklers Milestone haben wir nun wieder einmal die Möglichkeit, uns selbst in einer Motorsportdisziplin zum Champion zu küren. Milestone und Motocross? Da war doch was. Richtig, neben der MXGP-Weltmeisterschaft gibt es auch noch Monster Energy Supercross, die amerikanischen Motocross-Meisterschaft, aus der Rennspielschmiede. Wir haben nun das jährliche Update der MXGP-Serie für euch unter die Lupe genommen.
Lasst die Saison (erneut) beginnen
Anfang November ging die offizielle Weltmeisterschaft der Motocrosser in Italien zu Ende. Wie in der Formel 1 konnte sich auch in der MXGP mit Jeffrey Herlings ein Niederländer den Titel sichern. Doch im offiziellen Videospiel zu dieser Serie haben nun einmal mehr wir die Chance, den Titel selbst zu gewinnen.
Herzstück des Spiels ist dabei natürlich der obligatorische Karrieremodus, der uns in die Welt der MXGP eintauchen lässt. Dabei beginnen wir, recht typisch für eine Karriere, zunächst in der leistungsschwächeren Klasse MX2, um uns mit guten Ergebnissen für die Königsklasse, die MXGP, zu empfehlen. Den direkten Weg in die höchste Klasse können wir im Karrieremodus leider nicht gehen.
Nach einem kurzen Tutorial-Rennen, in dem uns die Steuerung nähergebracht wird, stehen wir direkt vor der Wahl unseres fahrbaren Untersatzes. Zur Auswahl stehen natürlich die Original-Teams und Motorräder etablierter Hersteller wie KTM, Honda und Yamaha.
Entscheiden wir uns für ein bestehendes Team aus der Serie an den Start zu gehen, so brauchen wir uns sonst um nichts zu kümmern. Wollen wir hingegen mehr Individualisierungsmöglichkeiten, so können wir auch für einen bestimmten Hauptsponsor an den Start gehen, dessen Logo fortan auf unserem Motorrad und unserem Trikot prangt.
Bei der Lackierung der Verkleidung unseres Bikes sowie einzelner Komponenten wie Kette, Bremsleitung oder die Griffschalen greifen wir dann auf viele verschiedene Auswahlmöglichkeiten zu.
Money, Money, Money
Wie gewohnt haben wir im eigenen Team die Option, unser Motorrad auch mit Teilen aufzurüsten, das nötige Kleingeld natürlich vorausgesetzt. Während manche Verbesserungen rein optischer Natur sind, helfen andere auch der Performance unseres Motorrads, beispielsweise bessere Reifen.
Serientypisch kann auch wieder unser Fahrer selbst mit anderem Equipment ausgestattet werden. Zur Wahl stehen Helme, Brillen, Rennanzüge und Stiefel, allesamt lizenziert von namhaften Ausrüstern der Szene. Sämtliche Ausrüstungsteile sind zu Beginn bereits freigeschaltet, da wir allerdings zunächst kaum über Geld verfügen, können wir selbstredend auch noch nicht wirklich groß einkaufen gehen.
Die Mittel, um die Teile zu bezahlen, verdienen wir über gute Platzierungen in den Rennen. Zusätzlich erhalten wir für unsere Ergebnisse Erfahrungspunkte, die uns rudimentär in einem Rangsystem aufsteigen lassen. Ähnliches kennt man beispielsweise aus der Forza-Reihe. Über die Levelaufstiege werden weitere Geldpreise ausgeschüttet. Zudem erlaubt uns ein bestimmter Rang bei stärkeren Teams anzuheuern, was sich später in der Saison noch auszahlt.
Denn im Laufe der Meisterschaft können wir auch unseren Arbeitgeber wechseln. Haben wir bessere Teams oder höherwertigere Sponsoren freigeschaltet, verdienen wir natürlich auch mehr Bares bei Erfolgen.
Unterbrochen wird die Saison immer mal wieder durch Herausforderungen von einzelnen Fahrern aus der Meisterschaft. Hier müssen wir dann im Eins gegen Eins unser Talent unter Beweis stellen, wobei die KI-Jungs durchaus nicht langsam sind. Als Belohnung winken weitere Erfahrungspunkte.
Ein gewohnt gutes Fahrgefühl
MXGP 2021 – The Official Motocross Videogame lässt sich sowohl arcadig als auch als Simulation erleben. Während wir im Simulationsmodus sogar die Neigung unseres Fahrers unabhängig zum Motorrad vornehmen müssen, übernimmt das in der Standard-Version die KI für uns. Wir können uns also komplett auf das Fahren konzentrieren.
Und das müssen wir zunächst auch, denn die Steuerung der Motocross-Motorräder verlangt etwas Eingewöhnungszeit. Ein nicht unerheblicher Faktor stellt dabei nämlich die Bodenbeschaffenheit dar. So gilt es mehr als einmal, den idealen Weg durch eine Kurve erst einmal zu finden. Verschiedene Erdwälle mit unterschiedlichen Radien laden dazu ein, sich richtig schön in die Kurve zu legen. Verpassen wir diese allerdings, landen wir auch schnell einmal auf der Nase.
Zum Glück setzt uns das Spiel ohne großen Zeitverlust wieder auf den Kurs zurück. Alternativ nutzen wir die extrem komfortabel umgesetzte Rückspulfunktion, die uns stufenlos das Spielgeschehen zurücksetzen lässt.
Einmal um die Welt
Ein großer Pluspunkt von MXGP 2021 – The Official Motocross Videogame sind die lizenzierten Kurse der 2021er Saison. Diese sind detailreich umgesetzt und verlangen uns einiges ab. Manche der Kurse, wie der Grand Prix der Niederlande in Oss, gleichen wahren Achterbahnen, in denen es nicht gerade kleine Höhenunterschiede zu bewältigen gilt. Das stellt uns mehr als einmal vor die Herausforderung, dass wir die nach einem mächtigen Sprung folgende Kurve nicht einsehen können und somit erst einmal lernen müssen, wie der Streckenverlauf genau ist. Hilfreich erweist sich dabei ein kleines Radar am unteren Bildschirmrand, das uns zudem über die Position unserer Gegner Auskunft gibt.
Die KI macht ebenfalls einen soliden Job und leistet sich ab und an auch selbst einmal Schnitzer, was zur Glaubwürdigkeit beiträgt. Mehr als einmal entstanden schöne Zweikämpfe mit den Gegnern, die sich auch gerne mal über mehrere Runden hinzogen.
Extrem unterhaltsam sind auch die Starts in die Rennen. Denn anders als auf der Rundstrecke starten alle Teilnehmer in einer Reihe in die erste Kurve, wobei natürlich die Kurveninnenseite dank des kürzeren Weges einen nicht unerheblichen Vorteil hat.
Das ergibt in den ersten Kurven ein herrliches Durcheinander und viele Möglichkeiten, um Plätze zu gewinnen, aber natürlich auch zu verlieren. Wer diesen Holeshot genannten Start gewinnt, erhält zudem weitere Erfahrungspunkte.
Direkt nach dem Start zieht sich das Feld aber innerhalb weniger Kurven bereits stark auseinander. Deswegen kämpfen wir auch meist nur mit einigen wenigen Gegnern in kleineren Kampfgruppen um unsere Position. Verpassen wir den richtigen Startzeitpunkt und hängen im hinteren Feld fest, ist die Spitze meist schon uneinholbar enteilt, zumal das Spiel dankenswerterweise auf einen Gummibandeffekt verzichtet.
Zusätzlich zu den offiziellen Kursen der Saison 2021 gesellen sich auch vier als Legacy betitelte Strecken ehemaliger Austragungsorte. Ein netter Service für Fans der Rennserie. Hier hätte sich eigentlich auch eine Auswahl legendärer Fahrer und der dazugehörigen Rennszenarien angeboten, nur leider hat man darauf komplett verzichtet.
Gewinnen wir mehrere Rennen, schalten wir zudem noch Karriereherausforderungen frei, welche in einem höheren Schwierigkeitsgrad auf uns warten und uns beispielsweise in ein anspruchsvolles Zeitfahren stürzen. Diese Herausforderungen sind allerdings komplett optional.
Insgesamt präsentiert sich der Karrieremodus also als typischer Vertreter seiner Zunft, ohne sonderlich in die Tiefe zu gehen. Interviews, Zwischensequenzen oder sonstige Auflockerungen, wie sie bei der Konkurrenz mittlerweile durchaus Standard sind, fehlen leider völlig. Auch ist nach dem Gewinn des Titels nicht mehr viel für uns zu tun. Somit fehlt der Karriere wie bereits im Supercross-Vertreter desselben Entwicklers die Langzeitmotivation.
Ab auf die Spielwiese
Neben dem Karrieremodus verfügt MXGP 2021 – The Official Motocross Videogame natürlich noch über weitere Spielmodi. Wir können eine komplette Meisterschaft bestreiten, Einzelrennen absolvieren oder im Zeitfahren neue Bestzeiten aufstellen.
Neben unserem eigenen Avatar sind hier auch die offiziellen Fahrer der beiden Klassen MXGP und MX2 auswählbar. Die Damen der WMX, der Frauen-Weltmeisterschaft, fehlen aber leider völlig im Lizenzpaket.
Ein weiterer Spielmodus ist der Playground. Hier steht uns ein offenes Gebiet in Wales zur Verfügung, in dem wir uns nach Herzenslust austoben können. So finden wir neben einer stimmungsvollen Burgruine drei traditionelle Strecken, auf denen wir Rennen bestreiten können. Zudem gibt es einige Startpunkte für Wegpunkt-Rennen, die uns aus dem aktuellen Forza Horizon 5 bekannt vorkommen und vom Prinzip einfach schnelle Zeitfahrten querfeldein von A nach B darstellen. Diese Herausforderungen sind allerdings nur online verfügbar.
Der Playground-Modus ist eine nette Erweiterung, fällt grafisch allerdings stark ab. Dies liegt vor allem an der eher trostlos wirkenden Umgebung, die zumeist aus einer grünen, grafisch sehr rudimentär dargestellten Grasfläche und einzelnen Feldwegen besteht. Zwar ist gerade die Burgruine ein nettes Highlight, einen wirklichen Grund, sie zu erkunden, haben wir aber eigentlich nicht. Hier wäre definitiv mehr drin gewesen.
Abgerundet wird MXGP durch einen umfangreichen Streckeneditor, der allerdings leider wie die Wegpunkte ebenfalls nur online nutzbar ist. Bei diesem gab es jedoch im Vergleich zum Vorjahr keine Neuerungen.
Schlamm oder nicht Schlamm, das ist hier die Frage
Grafisch ist MXGP 2021 – The Official Motocross Videogame ein zweischneidiges Schwert. Während die Motorräder durchaus mit tollen Details glänzen und das Spielgeschehen auch stets flüssig läuft, fallen die Umgebungsgrafiken etwas ab. Zwar sorgen viele animierte Zuschauer für Stimmung, gerade die Bodentexturen abseits der Strecken wirken aber altbacken.
Neben den Zuschauern, den mit Flaggen wedelnden Streckenposten und des ein oder anderen Feuerwerks wirken die Kurse ziemlich statisch. Im Getümmel hat man natürlich wenig Augen für die Umgebung, die eine oder andere Hintergrundanimation zur Auflockerung hätte aber sicherlich nicht schaden können.
Ein klarer Minuspunkt ist auf jeden Fall, dass unsere Motorräder und Fahrer kaum Schmutz aufsammeln. Selbst nach einigen Runden im Regen und auf schlammigem Untergrund sieht unser tapferer Motocrosser noch aus, als käme er gerade frisch aus der Reinigung. In Anbetracht dessen, dass permanent hinter den Motorrädern Schlamm und Kies aufgewirbelt wird und man gerade nach dem Start öfters mal mitten im staubigen Pulk fährt, wird hier einiges an der rauen Atmosphäre des Sports verschenkt. Hier war sogar der 2020er Vertreter der Supercross-Reihe deutlich weiter, ein klarer Rückschritt.
Immerhin hinterlassen unsere Motorräder deutliche Spuren im Untergrund, welche sich auch nach mehreren Runden noch optisch wiederfinden. Spielerische Auswirkungen haben die Spurrillen allerdings nicht. Zudem entsteht gerade im Replay der etwas seltsame Effekt, dass das Vorderrad den Sand oder Kies mächtig nach unten drückt, so wie man es eigentlich nur von Schnee erwarten würde. Oder von einem Panzer.
Während das Spielgeschehen im Rennen gut läuft, nerven zudem etwas die recht langen Ladezeiten sowie lang nachladende Texturen in den Menüs, wodurch unser Rennfahrer manchmal auch recht kopflos daherkommt. Im Karrieremodus hatten wir nach einer Herausforderung zudem den Bug, dass wir das nächste reguläre Rennen nicht mit der 450er Honda unseres Teams, sondern mit der deutlich schwächeren 125er KTM aus der Herausforderung angehen mussten. Da wurde leider etwas unsauber programmiert.
Bei einem jährlichen Update einer Lizenzspielreihe lohnt sich natürlich auch immer der Blick auf den Vorgänger. In diesem Bezug hat MXGP 2021 – The Official Motocross Videogame leider keinen Sprung nach vorne gemacht. So beschränken sich die Änderungen neben der aktualisierten Lizenz lediglich auf ein paar grafische Anpassungen.
Fazit
MXPG 2021 – The Official Motocross Videogame zeigt sich im Test als ordentliches Lizenzupdate, welches für sich betrachtet gerade mit dem guten Fahrgefühl und den lizenzierten Strecken punkten kann. Fans der Rennserie können somit zugreifen, sofern ihnen das Upgrade auf die aktuelle Saison wichtig ist. Denn unterm Strich bietet der 2021er Ableger kaum Neuerungen im Vergleich zum Vorgänger, die einen Erwerb zum Vollpreis rechtfertigen würden.
Wer bisher noch keinen MXGP-Titel gespielt hat, den erwartet ein grundsolides Rennspiel ohne große Schwächen, allerdings auch ohne echte Highlights. Denn dafür ist das Spiel in seiner Gesamtheit letztlich zu trocken präsentiert. Auf den Kursen selbst hat man aber wie von der Reihe gewohnt richtig viel Spaß, das verschafft MXGP 2021 – The Official Motocross Videogame unter dem Strich dann doch eine gute Wertung.